Armenien - 04.08. -08.08.2013

Auf der Straße der Klöster

Von dem alten armenischen Reich um 80 v.Chr., das sich einst vom Mittelmeer bis zum Kaspischen Meer erstreckte, ist heute nicht mehr viel übrig. Armenien ist wohl eines der ärmsten Länder, das wir auf unserer Exkursion durch Zentralasien bereisen. Das Land grenzt nicht nur an Georgien und Iran mit offenen Grenzen, sondern auch an die Türkei und Aserbaidschan mit geschlossenen Grenzen. Betreffend Türkei sei das umstrittene Wort „Völkermord“ oder „Genozid“ genannt, das seit 1920 nach dem Einfall der Türken immer noch um politische Anerkennung im Raum steht. Betreffend Aserbaidschan befindet sich Armenien nach dem Zerfall der Sowjetunion nach wie vor wegen Berg Karabach im Kriegszustand. Die Waffenstillstandsvereinbarung zwischen beiden Ländern währt seit Mai 1994, was uns nicht davon abhält, diesem Land wenigstens einen Abstecher zu widmen.

Wir passieren die Grenze nach Armenien problemlos um 50 Euro und 55 Dollar leichter (dazu später mehr) und erreichen am Nachmittag unser erstes Ziel auf der Straße der armenischen Klöster, das Kloster Haghbat. Der Himmel ist trübe und die „Fotografierwut“ will sich nicht so recht einstellen.

 

 

Wir durchstreifen die historischen Gemäuer, verweilen voller Bewunderung vor dem wohl schönsten Kreuzstein ganz Armeniens (lt. Reiseführer),

 

 

sind traurig, den Glockenturm nicht besteigen zu dürfen, von dem man eine schöne Perspektive auf die ganze Klosteranlage hat und machen uns schon bald auf die Weiterfahrt.

 

 

Das nachbarliche Kloster Sanahin (die Dörfer Haghbat und Sanahin standen in der Vergangenheit in ständigem Wettstreit um das bedeutendste Kloster, bis ein Gelehrter den Ausspruch tat: „das ist älter“ , was in Georgisch „sanahin“ bedeutet und damit den Streit beendete) liegt kaum einen Steinwurf weit entfernt auf der nächsten Hochebene. Hier begeistert mich insbesondere die Säulenhalle vor der Kirche (Garvit genannt). Sie hat etwas Erhabenes. Ansonsten bin nicht nur ich für heute schon recht klostermüde.

 

 

Irgendwie stolpern wir an einem der vielen Souvenirstände über Ansichtskarten und sind ganz fasziniert von der Ansicht des Wehrklosters Achtala, an dem wir offensichtlich vorbeigefahren sind. Die Kirche dieses Klosters ist als einzige Kirche Armeniens in ihrem Innenraum vollständig mit Freskenmalereien verziert. Ein Blick auf die Karte sagt uns, dass wir 11 km zurück fahren müssen, wenn wir dieses Kleinods ansichtig werden wollen und der Blick auf die Uhr verrät, dass es dann höchste Zeit ist, aufzubrechen. Wieder schlängeln wir uns die schmale Straße entlang und wie es so ist, wenn man die Zeit im Nacken weiß, der Weg scheint endlos….. dann endlich taucht die Wehrmauer des Klosters linker Hand vor uns auf. Wir vermeiden es, den winzigen Pfad bis zu Ende zu fahren und legen die letzten Meter zu Fuß zurück. Inzwischen sind wir von Kindern umringt …. und tauschen kleine Geschenke aus.

 

 

Bei unserer Ankunft ist das Portal der Kirche verschlossen und deprimiert wollen wir bereits den Rückweg antreten, als unverhofft Rettung naht. Die Beschließerin des Heiligtums hat uns kommen sehen und öffnet bereitwillig die Pforten. Es braucht eine Weile, bis sich die Augen an das Dämmerlicht gewöhnt haben, dann wird die ganze Pracht offenbar, wunderbare byzantinische Fresken aus dem 13. Jh..

 

 

Wir bereuen nicht, den Umweg gemacht zu haben (leider geben die Bilder dies nicht wieder, es war einfach schon zu dunkel) und verabschieden uns alsbald, dankbar für die persönliche Führung und ihre Geduld nicht überstrapazierend von der netten Frau, die noch aus der Schule ein wunderbares Deutsch spricht.

Jetzt wird es langsam Zeit, sich nach einem Übernachtungsplatz umzusehen, ehe sich die Sonne ganz hinter den Bergen verabschiedet…… das Tal ist eng, die Straße lässt weder links noch rechts Ausweichmöglichkeiten zu und todmüde nutzen wir die erste sich bietende Gelegenheit (gleich neben der Straße), um für heute Schluss zu machen. In dieser Nacht tun wir nicht wirklich die Augen zu und starten am anderen Morgen völlig übermüdet mit dem Ziel Sevansee….

 

Sevansee – 06.08.2013

Nach zwei Stunden Fahrt liegt einer der höchsten Bergseen mit ca. 1900 m (ähnlich Issyk Köl in Kirgistan) vor uns, gesäumt von einer Reihe von Klöstern (unsere Altvorderen wussten schon, wo es schön ist).

 

 

Wir besuchen das Sevan Kloster aus dem 9. Jh.,

 

 

das Kloster Hajranvankh aus dem 11. Jh.

 

 

und die Kreuzsteine von Noratus aus dem 10. bis 14. Jh.. Letztere Stätte gibt den Archäologen bis heute ein Rätsel auf. Niemand kann sagen, warum ausgerechnet hier diese Vielzahl von Kreuzsteinen, die nicht in jedem Falle Grabsteine sein müssen, anzutreffen ist. Es ist allerdings nicht zu bestreiten, dass jede dieser Steinmetzarbeiten für sich ein Kunstwerk ist.

 

 

Es ist Zeit, sich auf den Rückweg zu machen. Heute sollte unsere Übernachtung mit Schlaf bedacht sein und tatsächlich finden wir in Ufernähe des Sevansees eine schöne Bleibe in freier Natur. Das Wasser lockt zum Baden und wir genießen es, uns von den Wellen treiben zu lassen. So erfrischt waren wir schon lange nicht mehr und so krönen wir den Tag mit einem Abendessen aus den hauseigenen Reserven und einer guten Flasche Wein.

 

 

Yerevan – 07.08./08.08.2013

Wir nehmen Abschied von der Natur und begeben uns in die nahe gelegene Hauptstadt Armeniens, Yerevan. Anders als Tbilissi (Georgien) empfängt uns die Stadt weitläufig mit viel Grün und angenehmen Stellplatzmöglichkeiten. Mittels Marschrutka, die so alt ist, dass wir Angst haben, den Berg hinauf schieben zu müssen, erreichen wir das Zentrum der Stadt. Bereits nach dem ersten  Rundgang stellen wir fest, dass dies die Stadt der Straßencafés ist. Die vielen Parkanlagen sind dafür geradezu prädestiniert und auch wir machen es uns gemütlich, insbesondere dort, wo es schnelles Internet gibt, denn unsere Berichterstattung hinkt der Aktualität beträchtlich hinterher.

 

 

Bemerkenswert ist der zum Bau der Häuser dieser Stadt verwendete Baustoff, ein graurosa bis orangebrauner Tuffstein aus der Ararat-Regionen.

 

 

Neben einem Besuch des Kunstmarktes steht ein ganz wesentlicher Punkt auf unserem Programm, und das ist der berühmt berüchtigte Radio-Sender Yerevan. Als wir das nichts sagende Gebäude des Senders, das sich auch noch hinter einer Reihe hoher Bäume versteckt, endlich gefunden haben, sind wir ernstlich enttäuscht, oder doch nicht?..... im Vorbeigehen hören wir den Radio-Kommentar……. „Ihr seid in Europa und im Prinzip ja schon fast Daheim, aber…. der Nachhauseweg führt schon noch mal 3000 km über Asien….“ (ich hoffe, die ältere Jugend unter uns kennt diese oft befrotzelten Sprüche noch?)

Am anderen Morgen sind wir schon zeitig unterwegs und hoffen auf gute Sicht auf den Ararat, den größten der Vulkane in der gesamten Region mit mehr als 5000 m Höhe und in Ostanatolien, direkt an der Grenze zum Iran gelegen. Also erklimmen wir die 555 Stufen der Kaskaden am Rand der Stadt …..

 

 

und  …. der Berg verschwimmt im Dunst der Stadt. Also bleibt uns nur zu wünschen übrig, dass wir von türkischer Seite aus bessere Sicht haben werden. Der Blick über Yerevan ist allerdings auch nicht zu verachten.

 

 

Ehe wir die Stadt verlassen, haben wir noch ein paar Vorräte, insbesondere Trinkwasser, an Bord zu nehmen und nutzen das nahe gelegene „Magasin“ damit die Arme nicht zu lang werden. Als wir dann unser Gefährt erreichen und aufschließen wollen, kommt der Schock ….. der Schlüssel lässt sich in keiner der vielen offenen Hosentaschen finden (ich nenne jetzt keine Namen) …. , überlege nicht lange und stürme unser Auto über die Vorderfront. Wenn es einen Weg gibt, in das Wageninnere zu gelangen, dann nur über das Dach …… und eine kleine Nchlässigkeit meinerseits macht das vermeintlich Unmögliche möglich …. ich steige über das Badfenster ein. Dank Zweitschlüssel, im Auto deponiert, können wir ohne großen Zeitverzug unsere Fahrt fortsetzen. Das ist noch mal gut gegangen ….. und ab jetzt bleiben die Hosentaschen zu. So erreichen wir im Abendlicht die Ruinen des Königspalastes der ältesten Stadt Armeniens, Vagharschapat. Wir ergehen uns in den Überresten des Palastkomplexes und sind insbesondere von der Säulenhalle der Kathedrale begeistert. Weniger begeistert bin ich , als ich das Terrain mit drei Bienenstichen verlasse und meine Armbeugen anschwellen fühle.

 

 

Die in unmittelbarer Nachbarschaft liegende Kathedrale von Edschmiatsin ist heute noch Bischofssitz der armenischen Kirche. Auch hier gibt es nur einen Kurzbesuch, da gleich nach unserer Ankunft die Pforten geschlossen werden. Für einen Eindruck reicht es jedoch und am Abend werden wir von der Gastfreundschaft und Besorgnis des "Domvoigts" überrascht, der uns mit frischem Obst, Brot und Wasser versorgt.

Unser nächstes Ziel ist das Höhlenkloster Vardsia in Georgien. Es liegt auf unserem Weg in die Türkei, die wir nur über Georgien erreichen können. Die Ausreise aus Armenien gestaltet sich relativ einfach, wenn man davon absieht, dass wir wie auch bei der Einreise den „Broker-Service“ für 5 Dollar in Anspruch nehmen müssen, der per Computer das Formular für den Zoll, unser Auto betreffend, ausfertigt. Während wir bei der Einreise für Straßenbenutzungsgebühr 50 Dollar und für Versicherung 50 Euro für 10 Tage zahlen durften, gibt es bei der Ausreise eine neue „Geschäftsidee“. Für den Service der „Zollabfertigung“ zahlen wir 17 Dollar, obwohl uns niemand abfertigt, was wir gerne akzeptieren ….. und im Hintergrund hören wir den Kommentar von Radio Yerevan: „Im Prinzip sollte man Leistung, für die man bezahlt, ja auch abfordern. Aber bei Zollservice kann man allerdings im Eigeninteresse eine Ausnahme machen.“ Gerne halten wir uns daran.

 

Fortsetzung im Berichtsteil Georgien im Teil Höhlenkloster Vardsia!