Kirgisistan – 31.05. - 23.06.2013

Über die Grenze nach Bishkek

Wir werden wie erwartet sehr früh (kurz nach 5.00 Uhr) in unserem kasachischen Aul geweckt und das ist auch gut so. Traktorenlärm, Viehtrieb und lautstarke Begrüßungen unter den Nachbarn bringen uns in den Tag. Heute werden wir die Grenze nach Kirgisistan passieren. Doch zunächst müssen wir Almaty hinter uns bringen, was uns am besten auf der Umgehungsstraße erscheint. Wir hatten ein zügiges Vorwärtskommen erwartet und werden schwer enttäuscht. Die sechsspurige Umgehung (in acht Spuren gefahren)  ist noch einmal ein Abenteuer der Extraklasse. 4 Auffahr-unfälle, 2 wegen Reifenpanne bzw. Motorschaden (verdreckter Ölfilter???) liegengebliebene Fahrzeuge werden mitten auf der Straße repariert – statt Warndreieck wird hier zu Lande ein Benzinkanister aufgestellt - und schließlich gerade aus China überführte Baumaschinen mit Überbreite lassen nur Slalomfahrten zu. Wir brauchen mehr als eine Stunde, um diesem Gewühle endlich entfliehen zu können.

Wir tanken noch einmal „Billigdiesel“ im wahrsten Sinne des Wortes, erreichen die kasachische Grenze vor Bishkek und stehen vor verschlossenen Toren …..angeblich wird gerade die Straße repariert und wir müssten ohnehin die Grenzstation für LKW benutzen….. Ein freundlicher Kirgise begleitet uns als Guide die 16 km bis zum nächsten Grenzpunkt, den wir niemals ohne Hilfe gefunden hätten (mit Ausschilderung ist man hier sehr sparsam). Es stellt sich heraus, dass er ein wenig deutsch spricht („Die Kinder spielen Ball“) und mit einem saftigen Bakschisch für seine Dienstleistung und Rückfahrt „mit dem Taxi“ verabschieden wir ihn.

 

 

Was die Abwicklung der Grenzformalitäten betrifft, so versuchen wir nicht erst, einen Sinn darin zu finden. Aber eines wird uns klar, es gibt seit Neuestem eine Art Zollunion zwischen Russland und Kasachstan. Die Einreise-zollerklärung für Russland wird uns hier bei der Ausreise aus Kasachstan abverlangt – und damit offenbaren sich für uns auch die Antworten auf die noch offenen Fragen wie Deklaration von Devisen und laxe Abfertigung bei der Ausreise aus Russland. Ähnlich wie beim Schengener Abkommen in der EG ist das hier die Außengrenze der Union und entsprechend streng sind die Kontrollen. Wir werden von einem Posten zum anderen und wieder zurück geschickt, warum auch immer, haben viele, viele Stempel auf Papieren, die wir nicht verstehen. Aber…. offensichtlich hat irgendwann mal alles seine Richtigkeit (16 Stempel sichern uns nach 2,5 Stunden „Irrgarten“ die Ausreise). Die Bewegung zwischen Daumen und Zeigefinger mit der Aufforderung „Money! Money!“ verstehen wir nicht (unsere kasachischen Vorgänger haben bezahlt). Wir fahren abschließend zwar durch eine nX-Rray- Anlage, von weiteren Inspektionen bleiben wir aber verschont. Dann liegt Kasachstan hinter uns und wir nähern uns auf Stacheldraht bewehrtem Niemandsland der kirgisischen Grenze (alte Erinnerungen werden wach, wer soll hier eigentlich ein- oder ausgeschlossen werden?)

Mit Unterstützung eines wirklich hilfsbereiten kasachischen LKW – Fahrers bei der kirgisischen Grenzpolizei können wir an den Frachtfahrzeugen vorbeiziehen und werden endlich als Touristen behandelt. Ein freundlicher kirgisischer Zöllner füllt unsere Zolldeklaration (2-fach) eigenhändig aus, wir bekommen eine Aufenthaltsgenehmigung für 6 Wochen und ziehen glücklich von dannen, bis wir uns nach 3 km in der nächsten Polizeikontrolle wiederfinden. „Straf“, das russische Wort für Strafe, ist das erste, was wir hören wegen Fahren ohne Licht. „Welcome in Kirgistan!“ Nachdem wir ein Protokoll verlangen (Stutzen auf der anderen Seite) lässt der Vorgesetzte Gnade walten. Gegen 20.00 Uhr erreichen wir ohne „Straf“ Bishkek und finden am Soccer - Stadion einen Übernachtungsplatz.

Inzwischen wird es Zeit für eine kleine Rückschau, unsere Buchhaltung betreffend:                             

Bis jetzt sind wir runde 9000 km gefahren, davon 1080 km in Russland und  4490 km in Kasachstan und wiederum davon knapp 2000 km „Piste“. Unsere Knochen sind alle noch dort, wo sie hingehören, auch wenn wir sie hin und wieder gespürt haben, unser „Grauer“ hat außen eine nätürliche Tarnfarbe angenommen), der Motor läuft wieder, kleinere Innenreparaturen wegen „Pistentrauma“ stehen noch an, auch Wäsche ist mal wieder fällig und wir könnten eine Ruhepause gebrauchen.

 

Bishkek 31.05. - 01.06.2013

Unser Reiseführer hatte nicht viel Erbauliches über diese Stadt zu berichten. Umso erstaunter sind wir auf unserem kleinen Stadtbummel, den wir schon allein deshalb unternehmen, um unsere Reisekasse mit der richtigen Währung aufzubessern. Die Stadt, mit vielen Grünflächen und mit Blumen bepflanzten Beeten macht einen sehr sauberen Eindruck. Die öffentlichen Plätze und Gebäude sind wie in den meisten von sowjetischen Architekten entworfenen Städten, weiträumig und überdimensioniert. Doch der Ala Too Platz kann sich sehen lassen und steht dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew, was die Betriebsamkeit angeht, in nichts nach.

  

 

Wir gönnen uns eine kleine Rast in einem der netten und modernen „Cafesis“, als wir neuerlich positiv überrascht werden. Die Bedienung (Mia, hat die 10. Klasse abgeschlossen und verdient sich hier ihr Taschengeld) spricht ein hervorragendes Deutsch (war 6 Monate in Köln und will auch in Marburg studieren). Und auch am Nachbartisch hören wir vertraute Töne. Da kommt man schnell ins Gespräch und wir erfahren in der Kürze der Zeit von einem inzwischen fast Einheimischen mehr über Land und Leute als wir es uns haben träumen lassen. Der aus dem Frankenland stammende Banker gibt uns nicht nur wertvolle Tipps für unsere Routenplanung mit auf den Weg, wir erfahren auch, dass er hier für eine Organisation tätig ist, die Aufbauhilfe durch die Vergabe von Mikrokrediten leistet. Wir tauschen Telefonnummern aus und sind uns sicher, die Einladung nach Osh (Wohnort von Herrn H.) anzunehmen.

Beim Verlassen der Stadt erwischt es uns diesmal auf den stark befahrenen Straßen. Ein selbstverschuldeter Auffahrunfall an einer der mehrspurigen Ampelkreuzungen (wir haben uns auf den vorausfahrenden Verkehr konzentriert und dabei den unmittelbar vor uns stehenden „asphaltgrauen" BMW übersehen) zwingt uns zu „drastischen Maßnahmen“. Mit meinem „broken“ Russisch kann ich dem Geschädigten klarmachen, dass er uns einen Preis nennen soll und wir keine Polizei wollen. Die Verhandlungen zwischen den Parteien findet an Ort und Stelle auf dem verstaubten und nun auch gestauchten Kofferraumdeckel statt (siehe Foto: hier handelt es sich um Dollarangaben). Innerhalb 10 Minuten ist man sich einig (ist hier nicht unbedingt unnormal – eine Autoversicherung gibt es nicht) ….. weiter geht´s.



 

Unterwegs zum Issyk Kol See

Nach überstandenem Schrecken setzen wir unsere Fahrt fort mit dem Issyk Kol See als Ziel. Der Issyk Kol ist der zweitgrößte Bergsee der Welt nach dem Titicacasee mit mehr als 6000 km² Wasserfläche. Wir beginnen mit der Umfahrung des Sees auf der Südseite. Auf dem Weg dorthin geraten wir in ein recht heftiges Gewitter.



Die Temperatur fällt rapide von über 30 Grad auf 16 Grad (wir befinden und auf rund 1.700 m Höhe) und wir überlegen schon, ob wir „heizen“ sollten. Am Abend klart es noch einmal auf und wir nutzen die Gunst der Stunde für einen kleinen Abstecher zum See. Das Wasser ist klar und lockt zum Baden, doch die Wassertemperaturen lassen uns zurück schrecken.


 

Viehmarkt in Karakol

Der gestrige Tag war lang, die Nacht kurz, denn am Morgen klingelt unser Wecker um 5.00 Uhr. Heute findet in Karakol (am östlichen Ende des Issyk Kol Sees) einer der größten Viehmärkte Zentralasiens statt. Den wollen wir nicht verpassen.….. und wir werden nicht enttäuscht (außer vom Wetter, der Himmel ist wolkenverhangen und die Sonne lugt nur zaghaft hervor). Zwar scheint es mehr Verkäufer als Käufer auf diesem Markt zu geben (für Börsianer: fast nur Brief, kaum Geld), für uns jedoch ist es ein buntes Treiben, was das Fotografieren allerdings schwierig macht. Da man ständig angeknabbert oder von einem Schwanz getätschelt wird, in Kuhfladen tritt oder gar einem „Strahl“  oder einem Reiter ausweichen muss, ist es ratsam, Berührungsängste zu Hause zu lassen und statt dessen über ein gutes Reaktionsvermögen zu verfügen.



Die auf dem Markt angebotenen, in heißem Fett ausgebackenen Piroggen schmecken vorzüglich. Der Großteil der Leute ist aufgeschlossen und präsentiert sich auch gern mal für ein Foto.



Dem Viehmarkt schließt sich der Trödelmarkt? an. Das Angebot ist überwältigend..........

 


Mit einsetzendem Regen ergreifen wir die Flucht und umrunden den See nunmehr auf dessen belebterer Nordseite. Die Polizeikontrollen (4 mal Anhalten auf 140 km) werden langsam zum Hass. Dieses Land muss durch und durch korrupt sein, so unverblümt, wie die Polizei sich hier die Taschen füllt (oder es zumindest versucht). Einmal sind wir mit umgerechnet € 16 mit dabei.

 

Am Issyk Kol See

Am Nachmittag erreichen wir unser Ziel, das Kinderferienheim Majak, direkt am See und sehr ruhig gelegen (da z.Zt. nicht in Betrieb), genau das, was wir brauchen, um die anstehenden Instandsetzungen zu bewerkstelligen und auszuspannen.



Auf unserem abendlichen Rundgang durch das verwaiste Ferienlager stellen wir fest, dass wir tatsächlich hinter Schloss und Riegel, also wirklich sehr sicher stehen (im Übrigen haben wir uns auf unserer bisherigen Reise in keiner Weise unsicher gefühlt).

Als sich am anderen Morgen die Tore nur für einen kurzen Moment öffnen, verlassen wir das eigentlich sehr nette Terrain fluchtartig. Das war so nicht geplant aber nun sind wir wieder frei.. Der See hält die Wolken fest und das Wetter scheint sich auch in absehbarer Zeit in dieser Region nicht ändern zu wollen. Schade, aber wir nehmen Abschied .... die Berge rufen:

Ala Too !!!


Vom Issyk Kol nach Tash Rabat                                                                           über Kochkor, den Dolon – Pass und Naryn

Tash Rabat, eine abgelegene Karawanserei an der Seidenstraße wurde auf den Ruinen eines christlichen Klosters aus dem 8. – 10. Jh. errichtet. Die Anlage, auf 3100 m Höhe inmitten eines wunderschönen Hochtals gelegen, ist unser Ziel. Auf dem Weg dorthin ist das beschauliche Städtchen Kochkor unser nächster Zwischenstopp. Wir erreichen den Ort am Nachmittag und nachdem wir unsere „Zelte“ auf dem großen Parkplatz im „Stadtzentrum“ aufgeschlagen haben, begeben wir uns zum direkt gegenüber liegenden CBT- Zentrum (die Touristinformation Kirgistans), um uns über die Angebote in der Region zu informieren.

 

Kochkor - 03.06.2013

Kochkor, mit seinen 15.000 Einwohnern, vermittelt eher den Eindruck eines großen Dorfes als einer Stadt, ist allerdings touristisch gut erschlossen. Grund dafür ist einerseits die gute Lage des Ortes als Ausgangspunkt für Fahrten zum Song Köl, zum anderen dient der Ort als eine Art „Basislager“ insbesondere für Hiking – Freeks. Und so kommen wir auch ganz schnell ins Gespräch mit einem Litauer und einem Israeli, die sich in Begleitung einiger „Sherpas“ auf eine viertägige Tour begeben wollen sowie einem englischen Pärchen, dass ähnliche Ambitionen hat und kommen uns doch ganz bescheiden vor mit unserem Wunsch, die Herstellung eines Shyrdaks (das ist der traditionelle Teppich in einer Jurte) vorgeführt zu bekommen.

Heute ist es dafür allerdings zu spät und wir nutzen die Zeit, uns im Städtchen umzusehen, schlendern die Hauptstraße entlang und stellen fest, alsbald nicht mehr nur zu zweit zu sein …… ein Hund (eine Mischung aus Schäferhund und Dackel mit einem halben und einem Hängeohr) folgt uns auf Schritt und Tritt und wenn wir uns nach ihm umdrehen, tut er so, als sei er nicht gemeint und schaut weg. Wir haben unseren Spaß an dem lustigen Kerl und als wir wieder „zu Hause“ ankommen, bleibt „Charly“, so haben wir ihn spontan getauft, in angemessenem Abstand zu unserem „Grauen“ sitzen. Wir präsentieren ihm ein Leckerli und der Bann ist gebrochen…… wir haben einen treuen Wächter für die Nacht gefunden. Charly verbellt alle „Eindringlinge“, nächtigt unter unserem Fahrzeug und ist am Morgen pünktlich zur Stelle, um sich sein Frühstück bzw. die Belohnung für seinen Wachdienst abzuholen. Als wir uns diesmal auf den Weg in die Stadt machen, haben wir einen guten Freund an unserer Seite.

  

 

Sehr anschaulich erhalten wir bei einer ortsansässigen Familie eine Einführung in die verschiedenen Handarbeitstechniken zur Herstellung des in einer Jurte gebräuchlichen Inventars, wobei die Technik des Filzens von Schafwolle im Vordergrund steht.

 


Die Herstellung eines Schmuckbandes mittels eines primitiven „Webrahmens“ beeindruckt mich ungemein und als ich selbst Hand anlegen soll, stelle ich mich doch sehr unbedarft an.

  


Mit einem Tee werden wir verabschiedet und als wir den Hof nach ca. 2 Stunden verlassen, kommt Charly schwanzwedelnd auf uns zu. Er scheint uns wirklich vermisst zu haben. Auf dem Rückweg zu unserem Auto kaufen wir eine Wurst als Verabschiedungsgeschenk für „unseren“ Hund (er läuft inzwischen von dem einen zum anderen, gehört sozusagen dazu). Unser Geschenk wird gebührend gewürdigt und als Charly seinen Wachposten unter unserem Auto wieder einnehmen will, muss ich ihn hervorlocken, denn wir wollen die Weiterreise antreten. Ich rede ihm gut zu und kraule ihm sein halbes und das Schlappohr, dann heißt es Abschied nehmen. Der Kerl hat uns echt gut gefallen.

 

Über den Dolon Pass nach Naryn

Bis Naryn, unserem nächsten Zwischenstopp, sind es ca. 120 km. Der Dolon Pass mit 3038 Höhenmetern liegt vor uns. Wir „klettern“ stetig bergan, blühende Wiesen auf den Hochebenen breiten sich vor uns aus und die ersten „wilden“ (tatsächlich in Gebrauch befindlichen) Jurten offenbaren sich unserem Blick.

  


Dann wieder winden wir uns in Serpentinen die Berge herauf und herunter. Überlange Container- Laster aus China kommen uns entgegen und manchmal wird es mächtig eng auf der Fahrbahn.

 


Die wechselnden Landschaften sind atemberaubend. Zwischen Kochkor und Naryn haben wir den Dolon Pass mit über 3000 Höhenmetern zu bewältigen.

  

 

Naryn - 04.06.2013

Am späten Nachmittag erreichen wir die Stadt Naryn. Unterhalb des Friedhofs nisten wir uns auf dem tankstelleneigenen Parkplatz ein….. und nachdem wir unseren Obolus in Form einer Tankfüllung entrichtet haben, machen wir uns daran, das Loch von einer ca. 6 cm langen und 1 cm dicken Schraube, die in einem unserer Reifen steckt, zu flicken. Nach einer knappen Stunde ist das Werk vollendet und wir genießen den verdienten Feierabend.

  


Unser Hauptanliegen am nächsten Tag ist das Auffinden einer gutgehenden Internetverbindung….. und wer sucht, der findet…..eine Box (80 x 80) aber mit eigenem Laptop zu betreiben und Entgelt für 3 Stunden Nutzung 1 €. Da kann man nicht meckern.

 


Weiter geht die Fahrt am frühen Nachmittag und wieder geht es Berg an. Wir durchfahren weite Hochebenen, von schneebedeckten Bergketten gesäumt, schmale Täler,  von malerischen Flüssen durchzogen, Felsen links und rechts, sehen immer wieder Jurten am Weg …. und Viehherden, soweit das Auge reicht ….. Wildnis, wir kommen!!!

 

Tash Rabat – 05.06. – 07.06.2013

Als wir Tash Rabat (ca. 40 km nördlich der chinesischen Grenze und ca. 120 km nördlich von Kashgar) erreichen, ist es bereits früher Abend. Die Karawanserei wird von den Einheimischen für uns geöffnet .........

 

 

.....offensichtlich müssen wir diese jetzt auf der Stelle besuchen, denn das Tor wird nach unserer Visite sofort wieder verschlossen – den Eintrittspreis haben wir bereits am Schlagbaum, 3 km vor der Karawanserei, entrichtet.

 


Wir machen es uns in unserem trauten Heim gemütlich…… und bekommen noch Besuch. Eine Herde Yaks hat sich an unseren „Grauen“ herangepirscht. Was für stattliche Tiere!

 


Die Außentemperaturen sinken in der Nacht auf empfindliche 0 Grad und am anderen Morgen werden wir von der wärmenden Sonne geweckt (wie immer stand unsere ca. 1 m² große Dachluke offen – die Sterne waren zum Greifen nah und auch ohne Mond war die Nacht hell).

Heute ruhen wir uns aus. Kurz nach dem Frühstück werden wir allerdings erst einmal um Hilfe beim Aufpumpen eines Autoreifens gebeten. Kein Problem und für uns eine Möglichkeit, guten nachbarschaftlichen Kontakt zu den Einheimischen zu pflegen.

 


Für mich sieht der Tag so aus, dass ich der Reihe nach die umliegenden Gipfel wenigstens ansatzweise erklimme, bei 3100 Höhenmetern ein gutes Konditionstraining, während mein Habibi damit beschäftigt ist, die in Unordnung geratenen  Stauräume umzupacken und neu zu ordnen. Die Flora ist überwältigend. Beim Gehen über die Wiesen duftet es nach Wermut. Es gibt Vergissmeinnicht, Iris, Küchenschelle, Primeln und sogar Edelweiß in ihren Urausführungen, nämlich von niedrigem Wuchs.

 


So geht der Tag mit süßem Nichtstun dahin, bis gegen Abend ein Landrover mit italienischem Kennzeichen neben uns eintrudelt. Peter und Juliano kommen vom Pamir – Highway. Ein solches Zusammentreffen mit Landsleuten im weitesten Sinne ist immer ein Brennpunkt in Bezug auf Informationsaustausch. Und damit das Ganze nicht im Stehen stattfinden muss, laden wir die beiden zum Abendessen ein. Der Abend wird kurzweilig. Neuigkeiten, Grenzübergänge und Formalitäten bei der Registrierung Usbekistan und Tadschikistan betreffend, sind für uns wirklich wertvoll.

 


Song Köl See - 07.06. – 09.06.2013

Am nächsten Morgen treten wir den Rückweg aus diesem herrlichen Hochtal an. Die ca. 270 km bis zum Song Köl lassen sich zunächst sehr gut fahren. Mit seinen 520 km² Wasserfläche ist der Song Köl der zweitgrößte See Kirgisistans nach dem Issyk Kol und das ihn umgebende Grasland seit Jahrhunderten Nomadengebiet. Wir freuen uns auf neue Eindrücke. Die letzten 90 km zum See führen über eine holprige Piste, die sich zunächst in einem herrlichen Tal, einer grünen Oase, entlang zieht.

  


Sanfte Hügel links und rechts des Tals mit einem kurzgeschorenen Grasteppich bedeckt, gehen in eine felsige Berglandschaft über. Gelegentlich gibt es ein Dorf am Weg mit kleinen, einfachen Gehöften. Die Landschaft ist grandios, wird mit zunehmender Höhe bizarr. In den am Weg liegenden Jurten wird auf selbstgeschriebenen Tafeln zum Kauf von Kumys (gegorener Stutenmilch) geworben. Wir nehmen Abstand von dem vielfältigen Angebot.



Der Anstieg kommt plötzlich. Auf Serpentinen hangeln wir uns über den 3446 m hohen, namenlosen Pass. Im Tal sehen wir die von hier oben aus winzig wirkenden Schaf- Kuh- und Pferdeherden.

 


Die Piste ist z.T. wegen diverser Erdrutsche ungemütlich schmal. Schneefelder an den Berghängen und eine unser Auto überragende Eiswand am Weg machen deutlich, dass hier der Winter noch nicht so lange vorbei ist.

  


Wir umfahren den See von Osten kommend auf der Südseite und halten bereits nach einem geeigneten Nachtlager Ausschau, nach Möglichkeit nah am See, als wir in der Ferne ein MAN- Offroad - Wohnmobil ausmachen. Eva und Willi aus Österreich sind seit einem guten Jahr mit ihrem Auto unterwegs. Der selbstgemachte Kaiserschmarrn ist schon am Köcheln und so sitzen wir alsbald in trauter Viersamkeit am Tisch.

 


Die schleichende Kälte nach Sonnenuntergang (wir sind wieder auf ca. 3100 m Höhe angelangt) beendet den Abend recht schnell und wir vertagen den Informationsaustausch auf den nächsten Tag.

Von der Sonne geweckt (Sonnenaufgang 5.00 Uhr), gehen wir den Tag gemütlich an. Gegen Mittag bekommen wir Besuch von Mambid und seinen zwei Eseln (unweit unserer europäischen „Jurtengemeinschaft“ bauen die Nomaden drei Jurten auf). Während die Männer mit Routenplanungen beschäftigt sind, gestalten die Frauen mit Mambid eine lustige „Unterrichtsstunde in Erd- und Flaggenkunde“.

  


Der Tag verabschiedet sich mit einem wunderschönen Sonnenuntergang und für uns alle war er  Balsam für die Seele. Morgen wollen wir den Weg auf relativ unbekanntem Gelände (der Weg ist auf keiner Karte eingezeichnet und wir verlassen uns auf die Aussagen der Einheimischen, dass er auch für uns befahrbar wäre) gemeinsam fortsetzen. Gesagt, getan, wir starten nach dem Frühstück ins Ungewisse. Wir sind noch nicht lange gefahren, als uns an der nächsten Weggabelung ein Jeep mit schweizerischem Kennzeichen entgegen kommt. Ja, ist denn hier das halbe Europa versammelt???

  


Woher?, wohin?, Lagebesprechung vor Ort …. alles kurz und bündig, dann geht es weiter. Wir wissen jetzt, welche „Straße“ wir nicht nehmen dürfen (die Schweizer haben sich ausgraben müssen, da ein Erdrutsch für Überraschung gesorgt hat). Nach ca. weiteren 25 km versperrt uns ein Eisfeld die Fahrbahn. Wir sichten die „Umleitung“ und nehmen Anlauf.

  


Willi meistert die Hürde (sein Fahrzeug hat 10 t weniger Gewicht als unseres) ….. bei uns sieht es anfänglich auch ganz gut aus ….. doch plötzlich rutschen die Räder auf der Beifahrerseite ab, unser Grauer gräbt sich buchstäblich mit der rechten Seite in das Gemisch aus Steinen und durchfeuchtetem Lehm und gerät in bedenkliche Schieflage. Mit Wagenheber ist hier nichts mehr zu stemmen, alle drei Achsen sitzen in der Mitte auf – gut, so können wir wenigstens nicht kippen …..

 


Wir schaufeln zu viert mehr als drei Stunden - auf 3300 m Höhe kein Zuckerschlecken. Mit Sandblechen und der Abschlepphilfe von Willis und Evas Gefährt entkommen wir der Falle. Allein hätten wir das nie geschafft. Dank nochmals an euch beide.

 


Es ist inzwischen Nachmittag und wir sind alle viel zu geschafft, um noch eine Tagestour bewältigen zu können. Also nehmen wir nach 35 gefahrenen km den nächstbesten Platz zum Übernachten (wir hätten keinen besseren finden können  - Sonnenterasse mit Talblick). Wir feiern den glücklichen Ausgang dieses Abenteuers …. mal sehen, was der nächste Tag uns bringt…..

 


Die Abfahrt ins Tal, an fichtenbewachsenen Gebirgshängen vorbei, vermittelt zunächst so etwas wie Schwarzwaldfeeling. Kurz darauf passieren wir Abraumhalden, die der immer noch tätige Bergbau hinterlassen hat, „Bergarbeitersiedlungen“, die wirklich nur das Überlebensnotwendigste zu beherbergen scheinen, durchfahren im Tal ein Stück „Elbsandsteingebirge“ und furten schließlich am Mittag den Jumgal - Fluss in der Talsohle.

  


Hier dürfen wir dieses Mal einen Hilfsdienst erweisen. Der orangefarbene Mercedestransporter, der uns am Vortag bei unseren Ausgrabungsarbeiten überholt hat, ist auf einer Sandbank im Fluss steckengeblieben. Mit Hauruck bekommen wir ihn frei.

 


Nur noch wenige gemeinsame Kilometer, dann heißt es, Abschied nehmen von Eva und Willi. Unsere Wege trennen sich an der nächsten Kreuzung. Während uns unser Weg nach Westen in Richtung Toktogul führt, fahren die beiden nach Kochkor und Tash Rabat weiter. Vielleicht treffen wir uns auf dem Pamir – Highway wieder?  Noch lange folgen wir dem Jumgal – Fluss, der seine gewaltigen Wassermassen mit großem Getöse talabwärts wälzt.

  


Ca. 30 km vor Toktogul schlagen wir an einer anheimelnden Raststätte unser Nachtlager auf und essen eine vorzügliche Forelle, frisch aus dem Räucherofen. Am nächsten Tag umfahren wir den Ostzipfel des Toktogul – Stausees.

  


Bei heißen 36 Grad und 650 m ü NN durchfahren wir fruchtbare Täler z.T.  in unmittelbarer Grenznähe zu Usbekistan. Die Region ist reich an Obst und Gemüse. Es gibt neben Kartoffeln, gelben Rüben, Gurken, Knoblauch und Zwiebeln (sogar Reisfelder finden wir am Weg) Kirschen, Aprikosen und Melonen. Wir sind trotz aller Fruchtbarkeit froh, als wir zum Abend hin, wieder auf 1600 Höhenmetern angelangt, ein angenehmeres Klima vorfinden.

 

Nach Osh über Arslanbob 10.06. – 13.06.2013

Auf dem Weg nach Osh, der Stadt, von der behauptet wird, sie sei älter als Rom, machen wir Halt in Arslanbob. Doch bevor wir das Bergstädtchen erreichen, kommt  am Weg noch etwas „Arbeit“ auf uns zu ….. wir kommen nicht umhin, uns an dem gewaltigen Viehtrieb zu beteiligen, der hier mitten auf der Straße stattfindet. Die „Arbeit“ macht uns Spaß, auch wenn wir mit unseren vielen PS aufpassen müssen, keinen Schaden zu verursachen.

  


Der Ort Arslanbob mit seinen 14.000 ausschließlich usbekischen Bewohnern (wir sind immer noch in Kirgistan) ist das Wallnussparadies schlechthin. Als wir uns am nächsten Tag in Begleitung eines Guides der ortsansässigen Touristenorganisation auf den Weg machen, werden wir nicht enttäuscht. Wir durchwandern den größten wild wachsenden Wallnusswald Zentralasiens (wenn man dem Führer glauben darf).

 

 

Die ältesten Bäume sind über 100 Jahre alt und mehr als 30 m hoch. Rund 1500 Tonnen Wallnüsse werden hier jedes Jahr geerntet und selbst Alexander der Große soll bei seiner Rückkehr nach Griechenland die ihm unbekannten Nüsse aus dieser Region mitgebracht haben.

Der Weg ins Paradies (und auch wieder heraus) ist steil und steinig, wird aber mit beeindruckenden Aussichten belohnt.

  


Auf unserer ca. 8 km langen Wanderung u.a. an einem kleinen Wasserfall vorbei, begegnen uns neben den wirklich imposanten Wallnussbäumen herrlich blühende Wiesen. Auf dem kalkhaltigen Boden wachsen u.a. mannshohe Orchideen.

  

 
Wir sind begeistert und als wir nach unserer Rückkehr ins CBT – Büro auch noch die Quelle mit dem besten Trinkwasser des Ortes präsentiert bekommen (unsere Reserven sind fast am Ende), wir unsere Wasservorräte (nach 2,5 Stunden) wieder aufgefüllt und unser Nachtlager außerhalb des Ortes direkt am Fluss bezogen haben, können wir guten Gewissens behaupten, einen perfekten Tag gehabt zu haben.

  


Osh 13.06. –17.06.2013

Die Stadt empfängt uns mit Dauerregen – wir hoffen auf eine Autowäsche gratis, denn unser „Grauer“ ist fast nicht mehr zu erkennen. Unser Reifen, den wir inzwischen noch dreimal geflickt haben steht unter ständiger Kontrolle und scheint doch jetzt die Luft zu halten. Dafür haben wir ein neues Problem …… Wasser in der Garage. Woher? – das klären wir morgen. Heute sind wir froh, die mehr als enge Zufahrt zu dem von Willi offerierten Stellplatz mitten im Zentrum hinter dem Hotel Alai genommen zu haben. Mit einem ersten Rundgang durchs Zentrum verschaffen wir uns einen Überblick und am Abend verabreden wir uns mit Herrn H. und seiner kleinen Familie zum Essen. Es wird ein sehr informativer Abend zu Kultur, Wirtschaft und Politik und der Sohnemann der Familie nimmt mich gern als Großmutter in Beschlag.

Es regnet immer noch aber laut Internetwettervorhersage soll morgen wieder die Sonne scheinen. Das wollen wir hoffen, denn Salomos Berg zu besuchen, ist ein Muss. Inzwischen sind wir auch dem Wassereinbruch in der Garage auf den Grund gegangen ….. der Wassertank, inzwischen ja wieder randvoll, leckt. Die Schweißnaht hat auf halber Tankhöhe einen Haarriss bekommen uns so werden wir Tropfen für Tropfen unseres schönen Trinkwassers aus Arslanbob wieder verlieren. Wir versuchen, das Dilemma auszublenden. Es ist nun mal so…..

Juhu..... am anderen Morgen haben wir Sonne pur ......   Wir nehmen die Besteigung des heiligen Berges in Angriff.

 

 

Die Stadt breitet sich zu unseren Füßen aus, in der Ferne blinken die schneebedeckten Berge.

 

 

Unterwegs treffen wir auf eine Schulklasse, deren Lehrerin unbedingt ihr Englisch anbringen will. Wir freuen uns über soviel unkomplizierte Offenheit.

  

 

Auf unserem Abstieg begegnet uns  eine Familie in gesetztem Alter und als wir auf gleicher Höhe stehen, begrüßt uns das Familienoberhaupt auf deutsch. Immer wieder sagt er "Vorsicht Gitler" (H wird wie G ausgesprochen) - was uns schockiert hätte, wäre da nicht das freundliche Lächeln im Gesicht des Alten gewesen. Mit einem Erinnerungsfoto verabschieden wir uns und schlagen den Weg zum Osh - Basar ein.

 

 

Heute, Sonntag, ist Internettag und der letzte für die nächsten ??? Tage. Internetkommunikation ist hier ein recht beschwerliches Unterfangen und man braucht starke Nerven, um nicht die Geduld beim Hochladen der Fotos zu verlieren. Da ich aber inzwischen so vielZuspruch von euch bekommen habe, stehe ich das durch....

Morgen geht es fuer drei Tage nach Usbekistan, wir machen einen Abstecher ins Fergana Tal, um dann wieder ueber Kirgistan und Tadschikistan den legendären Pamir Highway entlang der chinesischen und afghanischen Grenze zu befahren (den Reiseabschnitt findet ihr im Berichtsteil Uzbekistan).

 

Zurück in Osh – 20.06.2013 und weiter nach Sary Tash

Nach unserem dreitägigen Abstecher ins Fergana Tal in Usbekistan sind wir zurück in Kirgistan (1h 15min für beide Grenzpassagen) - wir sind inzwischen Profis an der Grenze, das Ausfüllen der Deklaration anfänglich schweißtreibend, kostet uns nur noch ein mildes Lächeln :-)) - fühlen wir uns in Osh schon wie zu Hause. Im Bishkek – Kafesi checken wir wahrscheinlich für längere Zeit zum letzten Mal unsere Mailbox (an dieser Stelle sei noch einmal gesagt, dass wir uns immer riesig freuen über den Zuspruch, die neuesten Informationen und die lieben Grüße aus der Heimat ….möchten jedoch Abbitte leisten, dass wir nicht immer gleich antworten, dazu fehlen ganz einfach die Übertragungsraten), füllen an der Gasprom Tankstelle unsere beiden Tanks randvoll mit dem zwar nicht guten aber immerhin noch besseren Diesel als in Tadschikistan (in Uzbekistan gibt es Diesel nur an TIR – Parks) und machen uns am Nachmittag auf den Weg in Richtung tadschikische Grenze.

Sary Tash ist der letzte Grenzort auf kirgisischer Seite und liegt bereits 3200 m hoch. Wir kommen aus 400 Höhenmetern im Fergana Tal und wollen auf ca. 2000 m pausieren, um uns wieder an die Höhe zu gewöhnen. Irgendwo unterwegs in einem kleinen Dorf, das auf keiner Karte verzeichnet ist, machen wir Halt und richten unser Nachtquartier in kirgisischer Nachbarschaft ein. Es dauert auch nicht lange, bis sich Besuch einstellt. Die üblichen Fragen nach dem Woher? und Wohin? kann inzwischen schon mein Habibi perfekt beantworten (er macht überhaupt recht beachtliche Fortschritte im Studium des russischen Alphabets und kommt mit den kyrillischen Buchstaben ganz wunderbar zurecht). Wir tauschen Geschenke aus und die Kinder sind einfach zum Knuddeln ……..

 

 

Nach dem heißen Fergana Tal ist das Klima in dieser Höhe überaus angenehm. Ein Bummel am Fluss entlang, frisches Duschwasser in die gesammelten Trinkwasserflaschen füllen …. den Nachbarn die Überraschungsfotos ausdrucken (das kommt immer gut an) und dann ist der Tag auch schon vorbei.

 

Sary Tash – 21.06. – 22.06.2013

Der Morgen empfängt uns mit blauem Himmel und strahlender Sonne, das richtige Wetter, um die „Besteigung“ des Pamir Gebirges anzugehen. Schon bald sind wir mitten drin in der gigantischen Landschaft aus hunderten von Metern aufgetürmtem Sedimentgestein. Auf engen Serpentinen winden wir uns den 3615 m hohen Taldyk – Pass hinauf. Nach Sary Tash hin fällt das Gebirge wieder auf 3200 m ab. Hier werden wir etwas länger pausieren und sehen, wie uns die Höhe bekommt. Der nächste Pass liegt direkt an der tadschikischen Grenze bei 4336 m. Dann gibt es kein Zurück mehr und wir sollten fit sein für den Highway mit mehreren Pässen über 4000 m Höhe auf rund 580 km Länge.

Als wir die letzte Biegung vor Sary Tash nehmen, entringt sich mir ein verzückter Ausruf. Vor uns im gleißenden Sonnenlicht liegen die ersten schneebedeckten Berge des Pamir und im Tal das malerische Dorf Sary Tash. Ein Traum ……

 

 

Als wir für uns ein Plätzchen zum Stehen gefunden haben, ist es gerade mal Mittag und wir haben viel Muße. Erst einmal wird ausgeruht. Am frühen Abend, wenn das Licht ganz klar ist, wollen wir einen Spaziergang durch den Ort machen. Nachdem wir unterwegs wieder eine große Herde Jacks angetroffen haben, hoffe ich noch immer, auch dem berühmten Marco – Polo – Schaf zu begegnen, das hier heimisch sein soll.

 

Die Fortsetzung folgt unter dem Berichtsteil Tadschikistan!!!