Russland – 09.-15.05.13

Unterwegs nach Wolgograd/Stalingrad

Ca. 400 km liegen vor uns. Die Straßenverhältnisse sorgen streckenweise für höchste Konzentration (Einschlafen unmöglich). Da sind die Auslagen an der Straße ein willkommener "Vorwand", anzuhalten.

 

          

Auf der Suche nach unserem Übernachtungsplatz in der Nähe von Luhansk (ca. 65 km vor der russischen Grenze) lernen wir das „Armenhaus“ der Ukraine in sehr ländlicher Gegend kennen.

  

          

 

Unser „Herbergsvater“ bemüht sich nach Leibeskräften, uns den Weg nach Wolgograd zu beschreiben (digitale Straßenerfassung ist „ im Hause“ unbekannt) und wir haben viel Spaß bei unserem russischen Kauderwelsch.

Die grenzüberschreitende Maßnahme Ukraine/Russland haben wir vorsichtshalber als Tagesprogramm eingeplant und starten bereits gegen 7.00 Uhr in Richtung Grenze. Was für andere Fahrzeuge scheinbar mühelos zu erreichen ist, erweist sich für uns auf Grund der Tonnagenbegrenzung in den Ortschaften als Odyssee.

Der Grenzübergang selbst macht einen sehr familiären Eindruck. Wir sind der einzige LKW und 3 PKW stehen noch vor uns. In 20 Minuten sind die Grenzformalitäten auf ukrainischer Seite erledigt. Auf russischer Seite dauert es eine Stunde länger, was dem aufwendigen Ausfüllen der Zollerklärung geschuldet ist. Zwei Zöllner werfen lediglich einen kurzen Blick in unser Auto und kontrollieren stichprobenweise die Stauräume im Außenbereich, ansonsten nichts. Was ist hier los??? Niemand will auch nur einen Führerschein, einen internationalen Führerschein und die eigens für Russland erweiterte grüne Versicherungskarte sehen. Niemand interessiert sich für die in Russisch übersetzte, notariell beglaubigte und mit Apostille versehene Fahrervollmacht. Auch die ärztliche Bestätigung für die mitgeführten Medikamente bleibt unberührt. Die „bessere“ Art von Frust stellt sich bei uns ein (was für ein unnötiger Stress/Aufwand für nichts!!!). Wow,…… wir sind in Russland, ganz ungeschoren und happy. Der Tag ist noch jung…..auf nach Wolgograd!

 

Wolgograd

Wolgograd, das bedeutet, eine Reise in die Vergangenheit. Wer das ehemalige Stalingrad besucht, muss sich zwangsläufig mit dem 2. Weltkrieg auseinander setzen. Der 70.ste Jahrestag der großen Schlacht von Stalingrad, die die Wende des 2. Weltkrieges einleitete, liegt erst ein paar Monate zurück. Die Gedenkstätte auf dem Mamajew-Hügel zur Erinnerung an die 700.000 Toten dieser Schlacht ist wohl das eindrucksvollste und monumentalste Mahnmal, welches wir bisher besucht haben.

 

         

 

         

 

Als wir, auf dem Hügel stehend, über die Gräberfelder blicken, sind wir innerlich sehr aufgewühlt, eingedenk der Tatsache, dass unser Vater und Opa diese Hölle miterlebt und überlebt hat. Das große Panorama im Historischen Museum gibt das Schreckensszenario sehr eindrucksvoll wider.

 

    

Das Wolgograd von heute ist zwar keine sehr schöne Stadt mit überwiegend nüchterner Sowjetarchitektur, hat aber trotzdem einige interessante Ausflugsziele zu bieten, u.a. die prunkvolle Bahnhofshalle, das monumentale Postgebäude und das größte Lenindenkmal Russlands am Lenin- Prospekt. Das Museum, in dem der Oberbefehlshaber der deutschen Truppen, General Paulus, sein Quartier aufgeschlagen hatte, musste einem neu gebauten Shoppingcenter weichen. Apropos Shopping…es gibt hier einfach alles…. unserem (deutschen) Preisniveau entsprechend.

  

        

        

 

Am Sonntagmorgen verabschieden wir uns von Nelli, der heimlichen Chefin des Motels, auf dessen Parkplatz wir ein Fleckchen für uns gefunden hatten und bedanken uns mit einem Halloren- Leckerli, schließlich hatten wir ihr zu verdanken, dass wir von einigen Taxi-Ganoven Wolgograds verschont geblieben sind. Dafür war uns allerdings das zweifelhafte Vergnügen vergönnt, von Nellis Sohn, einem Michael-Schuhmacher-Verschnitt kutschiert zu werden, für den eine rote Ampel aber auch das Äußerste war, was es zu respektieren galt.

 

Astrachan

Nun ja, wir haben es überlebt und steuern mit frischem Elan auf Astrachan zu, eine Stadt ca. 390 km südöstlich von Wolgograd und unser letzter Halt vor Kasachstan. Wir sind bereits eine reichliche Stunde (65 km) unterwegs, als wir Wolgograd endlich hinter uns lassen (die Stadt zieht sich 80 km an der Wolga entlang-ein Moloch). Die Straße ist unerwartet gut und unsere Durchschnittsgeschwindigkeit liegt bei knapp 60 km/h. Je weiter wir nach Osten kommen, desto spärlicher wird der Verkehr und umso eintöniger die Landschaft. Um der Tristesse wenigstens kurzzeitig zu entfliehen, verlassen wir gegen Mittag die Straße und fahren auf einem sandigen Feldweg an die Wolganiederungen, um dort Rast zu machen.

  

       

 

Am frühen Abend erreichen wir den Stadtrand von Astrachan. Was dann folgt an Umwegen, Umfahrungen etc. ist eigentlich eine Zumutung für jeden LKW- Fahrer. Es gibt eine einzige Straße, die es für Fahrzeuge über 7,5 t möglich macht, diese Stadt zu durchfahren und dann stehen wir schließlich vor einer Brücke über die Wolga, die lediglich für Fahrzeuge bis max 5 t zulässig ist. Wir sind müde nach der rund 7 stündigen Fahrt und die Ausschilderung ist wenig hilfreich. Das Hotel „Drushba“, unser Ziel, liegt auf der anderen Wolgaseite. Wir ziehen es vor, zu wenden und lieber das LKW- Fahrverbot zu missachten.

 

Als wir gegen 20.00 Uhr unser Ziel reichlich entnervt erreichen, wird uns an der Hotelrezeption offeriert, dass heute eine Einreisebestätigung nicht mehr möglich ist und wir uns deshalb auch nicht im Hotelkomplex aufhalten dürfen – wir verstehen die Welt nicht mehr. Also übernachten  wir vor den pompösen Toren der schon etwas betagten Hotelanlage, um morgen einen erneuten Anlauf zu starten. Wenn schon alles andere nicht geklappt hat, so bekommen wir doch noch etwas zu essen, auch wenn wir in der Kantine des Hotels nicht eingeplant waren. Die Küchenfrauen geben sich alle Mühe, uns mit einem kompletten Menü für 3,75 € pro Person zu verwöhnen.

Neuer Tag, neues Glück! Unser Tagesprogramm für morgen heißt: unbedingte Registrierung unserer Einreise und das Abholen unserer Zweitpässe mit dem Visum für Kasachstan bei DHL.

Der Tag beginnt strahlend und ebenso strahlen auch wir, als wir endlich unsere Pässe in den Händen halten, die die Weiterreise für uns garantieren und noch dazu im Hotel Azimut eine unkomplizierte Registrierung erfahren. Man bietet uns im „Hinterhof“ des Hotels (mitten im Zentrum) eine Stellmöglichkeit an und wir ergreifen die Gelegenheit beim Schopf. Unsere beiden für die Stadtführung georderten Begleiter (von Führung konnte eigentlich keine Rede sein) erbieten sich, uns von unserem „Drushba-Hotel“ am Stadtrand ins Zentrum zu geleiten und auch hier müssen wir feststellen, dass ein Übertreten des Fahrverbots für LKW unumgänglich ist, um ans Ziel zu kommen (na, an der Logistik muss man wohl noch arbeiten). Wir nutzen den Nachmittag für einen neuerlichen Stadtbummel und bewundern die herrlichen Fassaden der "Bankenstraße" sowie die alten, meist weniger gepflegten Holzhütten, die sich inmitten der Hochhäuser behaupten.

 

       

Wir lassen den Tag mit einem Spaziergang an der Wolgapromenade und einem Abendessen auf einem der Schiffsrestaurants am Wolgaufer ausklingen. Morgen steht ein Ausflug ins Wolgadelta an.

  

       

Die Wolken ziehen auf als wir am anderen Morgen starten. Es geht mit einem Transportfahrzeug des Veranstalters (wir haben es vorgezogen, den Ausflug organisieren zu lassen – ein weiser Entschluss, wie sich unterwegs herausstellt) ca. 70 km in Richtung Süden. Die Fahrbahnen werden nicht nur von vierrädrigen sondern auch von vierbeinigen Nutzern frequentiert.

 

 

Ein Delta, eine Landschaftsform mit unzähligen Seen, Kanälen, Grasinseln und  Schilfgürteln.. ..dazwischen liegen kleine Dörfer mit herrlichen alten Holzhäusern (herrlich wahrscheinlich nur für`s Auge).

  

       

Am Ziel angelangt, schreiten wir sofort zur Tat, ein Boot erwartet uns bereits, um uns zur Basisstation, dem Ausgangspunkt für die eigentliche Delta-Safari zu bringen. Dort werden wir mit einem Kaviarbrot und einem Wodka begrüßt, sehr traditionell. Und schon geht es auch weiter….wir sind fast drei Stunden auf dem Wasser unterwegs und genießen das einzigartige Vogelparadies. Wir durchfahren schmale Kanäle im mehr als mannshohen Schilf, sehen Adler, Graureiher, Schwäne, Kormorane und Haubentaucher. Als sich der Schilfgürtel zum Kaspischen Meer hin lichtet, wachsen Seerosenteppiche, auf Sandbänken gibt es Pelikane und Möwen, die eifrig ihre Brut bewachen. Wir sind einfach begeistert ..........und verschmähen auch das nach der Rückkehr servierte Mittagessen nicht (der Fisch ist leider sehr grob zubereitet). Nach einer kleinen Siesta geht es zurück in die Stadt. Was für ein Tag!!!


         
       

In den kommenden 2 Wochen werden wir 3500 km überwiegend Wildnis durch Kasachstan bewältigen, ehe wir wieder in die Zivilisation eintauchen. Wir sind gespannt, was uns erwartet.......